B8 – Leistungsfähigkeit, Auslegung und Kontrollmechanismen innovativer Slip Joint Verbindungen für modulare Offshore-Substrukturen

Offshore-Megastrukturen erfordern aufgrund ihrer Entwurfs- und Betriebsrandbedingungen Substrukturen mit sehr großen Massen und Abmessungen. Ein Einschwimmen bzw. Verschiffen vollständig vormontierter Mega-Substrukturen mit Bauhöhen von > 50 m, die anschließend fest am Meeresboden gegründet werden, ist mit einem sehr hohen Aufwand verbunden. Für Offshore-Megastrukturen bieten sich vielmehr modulare Mega-Substrukturen an, vgl. Abbildung 1, links.

Durch den Einsatz äußerst schlanker, dünnwandiger und ressourcenschonender Elemente aus Stahl oder Hochleistungsbeton (HPC = High Performance Concrete) lassen sich gewichts-, massen- und transportoptimierte Module in einem Werk vorfertigen, die dann offshore zu Mega-Substrukturen assembliert werden. Modulare Mega-Substrukturen kombinieren die Vorteile einer qualitätsgesicherten und witterungsunabhängigen Vorfertigung von Modulen mittels automatisierter Serienfertigung im Werk, hohen Ausführungsqualitäten und verkürzten Bauzeiten mit den Vorteilen einer leichteren Transportierbarkeit und reduzierten Krankapazitäten offshore.

Zentral für die ökonomische und ökologische Konzipierung sowie die Tragfähigkeit dieser modularen Mega-Substrukturen sind einfache, schnelle und dauerhafte Fügeverfahren für die Offshore-Installation. Konventionelle Fügeverbindungen der Offshore-Industrie wie Schweiß-, Grout- und Schraubenverbindungen sind zeit- und kostenintensiv in der Herstellung, witterungsabhängig und zum Teil stark schwankend in der Ausführungsqualität. Eine innovative Alternative zu den konventionellen Fügeverbindungen sind sogenannte Slip Joints (Abbildung 1). Slip Joints sind Steckverbindungen zwischen zwei Rohren, die Biegemomente und axiale Druckkräfte über Reibung übertragen und planmäßig eine Slip-Verfestigung aufweisen. Diese Steckverbindungen können sowohl ober- als auch unterhalb des Wasserspiegels ausgeführt werden, benötigen keine Verschweißung, Vergroutung oder Verschraubung der Rohrsegmente und sind praktisch wartungsfrei. Bei überwiegend biegebeanspruchten Monopile-Substrukturen wurde diese innovative Fügetechnologie bereits erfolgreich eingesetzt (Windpark Borssele V). Anders als bei Monopile-Substrukturen, wo die Slip Joint Verbindung stets durch das Eigengewicht von Turm und Anlage überdrückt ist (Abbildung 1, rechts), werden die aus Wind, Wellen und dem Anlagenbetrieb resultierenden Wechselbeanspruchungen bei Jacket- Substrukturen vorwiegend als axiale Kräftepaare in die Pfeiler eingeleitet und somit die Slip Joint Verbindungen auf Druck oder Zug beansprucht (Abbildung 1, Mitte).

Abb. 1: Erstes Konzept für modulare Offshore-Substrukturen mit Slip Joint Verbindungen (links) und exemplarische Darstellung von Schnittgrößen in einer Slip Joint Verbindung einer möglichen modularen Jacket-Substruktur (Mitte) und einer „konventionellen“ Monopile-Substruktur (rechts)

Das Ziel dieses Teilprojekts ist eine Erweiterung des Designraums von Offshore-Megastrukturen um modulare Substrukturkonzepte, die aus einzelnen Modulen mittels innovativer Slip Joints gefügt werden. Neben Stahl soll auch die Kombination aus Stahl und Beton untersucht werden, um noch dauerhaftere sowie ökonomische und ökologische Mega-Substrukturen zu entwickeln. Hierbei wird von der Arbeitshypothese ausgegangen, dass innovative Rohrverbindungen mit Slip Joints eine leichtere, schnellere und nahezu witterungsunabhängige Assemblierung der modularen Mega-Substrukturen am Installationsort ermöglichen.

Zur Verifizierung der Hypothese ist der Fügeprozess sowie Trag- und Verformungsverhaltens von Slip Joint Verbindungen mit Stahl-Stahl- bzw. Stahl-Beton-Kontaktflächen unter Druck- und vor allem Zugbeanspruchungen grundlegende zu erfassen, zu verstehen und zu beschreiben. Hierzu sollen neben numerischer Simulationen auch experimentelle Fügeversuche, auch unter realistischen marinen Umweltbedingungen mit Wellen und Strömungen in Zusammenarbeit mit A06, sowie Druck- und Zugversuche an Stahl-Stahl und Stahl-Beton Slip Joint Verbindungen durchgeführt und mittels mechanischer Messverfahren und bildgebender Methoden dokumentiert, ausgewertet und analysiert werden. Mithilfe der Ergebnisse sollen ein mechanisch basiertes Modell zur Beschreibung des Druck- und Zugtragverhaltens von Slip Joint Verbindungen mit Stahl-Stahl- und Stahl-Beton-Kontaktflächen abgeleitet und abschließend modulare Substrukturkonzepte entwickelt und numerisch Untersucht werden. Die Hauptinnovation des Teilprojekts ist die Entwicklung von innovativen Slip Joint Verbindungen, die neben hohen axialen Druckbelastungen vor allem hohe axiale Zugbelastungen übertragen können und somit modulare Mega-Substrukturen ermöglichen bzw. den Designraum für Offshore-Megastrukturen maßgeblich erweitern.