B4 – Tragverhalten zyklisch beanspruchter Gründungen von Megastrukturen

Auf dem offenen Meer geht es oft stürmisch zu. Wo ein starker Wind weht, sind hohe Wellen nicht weit entfernt. Offshore Strukturen wie Windenergieanlagen müssen jedem Wetter dauerhaft trotzen. Belastungen durch Wind und Wellen werden auch als zyklische Einwirkungen bezeichnet, also Einwirkungen die wiederkehrend auftreten und so langsam ablaufen, dass Trägheitskräfte vernachlässigt werden können.

Bei einer Windenergieanlage werden die Lasten aus Eigengewicht, Wind und Wellen über den Turmschaft in die Gründungselemente und dann in den Boden eingeleitet. Der Meeresboden besteht z.B. in der deutschen Nordsee überwiegend aus Sand unterschiedlicher Korngrößen. Der Sand weist neben den Körnern auch kleine Poren auf, die mit Wasser gefüllt sind. Der Meeresboden ist also mit Wasser vollständig gesättigt.

Obwohl eine Windenergieanlage stabil ist, schwankt diese trotzdem bei Wind und Wellen ein wenig hin und her. Diese Verformungen ergeben sich auch im umliegenden Boden. Das Sturmereignis kann deshalb einen großen Einfluss auf die gesamte Struktur haben. Es kann einerseits zu einer Akkumulation von Verformungen, also einer bleibenden Schiefstellung, kommen. Andererseits können sich auch Änderungen der Spannungsverhältnisse ergeben. Zusätzlich kann sich auch eine Akkumulation von Porenwasserüberdrücken ergeben, woraus wiederum Festigkeits- bzw. Tragfähigkeitsreduktionen resultieren.

Abb. 1: Zyklische Belastung einer Offshore-Monopile-Gründung (schematisch)

Für Offshore-Strukturen gelten hinsichtlich einer bleibenden Verformung relativ enge Toleranzen, sodass während der Planung eine möglichst genaue Verformungsprognose gemacht werden sollte. Beim Gründungsentwurf muss daher ein starker Fokus auf der Erfassung der Effekte aus zyklischen Einwirkungen liegen.

Für die im Rahmen der Bemessung erforderlichen statischen und geotechnischen Nachweise existieren aber weder validierte Berechnungsverfahren noch eine einheitliche Vorgehensweise. Um das Verhalten des anstehenden Bodens unter zyklischen Lasten, also insbesondere während eines Sturmereignisses, zu untersuchen, werden in der Praxis unterschiedliche Laborversuche durchgeführt (z. B. zyklische Einfachscherversuche in Abb. 1 oder zyklische Triaxialversuche, dräniert oder undräniert, mit konstanter Last oder konstantem Volumen). Es gibt allenfalls vage Konzepte, aber keine validierten Methoden, um das im Elementversuch bestimmte Bodenverhalten auf das Verhalten des Systems, d. h. der Gründungselemente, zu übertragen. Es fehlt an Grundlagenwissen, welche zyklischen Versuche sinnvollerweise durchzuführen und wie die Ergebnisse dieser Versuche in der Bemessung zu berücksichtigen sind.    

Ziel des Teilprojekts ist die Schaffung des dafür erforderlichen Grundlagenwissens, um darauf aufbauend das Tragverhalten einer zyklisch beanspruchten Gründung und dessen Veränderung über die Betriebszeit realistisch beschreiben zu können. Dies ist für die im SFB geplante Realisierung eines Digitalen Zwillings einer Megastruktur zwingend erforderlich, da anderenfalls weder das Verhalten in der Betriebsphase beschrieben noch die Effekte geänderter Betriebskonzepte untersucht werden können.

Um das Verhalten des Bodens unter zyklischen Lasten auf Elementebene zu untersuchen, sind in der zweiten Förderperiode weitere Versuche an dem Einfachschergerät, welches in der ersten Förderperiode angeschafft wurde, geplant. Das Ziel ist, die Auswirkungen der Vorkonditionierung in Form einer Vorbelastung bzw. Vorscherung auf das zyklische Antwortverhalten der Bodenprobe unter dränierten und undränierten Lasten zu beschreiben. Diese Ergebnisse aus den geplanten mehreren hundert Versuchen werden dann in ein Konturplot überführt und dienen als Grundlage für numerische Berechnungen in AP3 (Abb. 2).

Abb. 2: Verformte Probe im Einfachscherversuch (DSS) und die Auswertung eines Versuchs unter konstantem Volumen (CV-Bedingung).

Um das Verhalten des Bodens unter zyklischen Lasten auf Systemebene zu untersuchen sowie beschreiben zu können, wurde in der ersten Förderperiode vom IGtH ein neuer Modellstand für experimentelle Untersuchungen geplant und fertiggestellt. Die Untersuchungen in der ersten Förderperiode wurden an einem Modell eines Schwergewichtsfundaments unter dränierten sowie teildränierten Bedingungen durchgeführt. In der aktuellen Förderperiode liegt dagegen der Fokus auf Untersuchungen eines Monopile-Modellfundaments ebenfalls unter monotonen und zyklischen Lasten, die durch einfache, kleinere Anpassungen des vorhandenen Modellstands realisiert werden können.

Grafik

Abb. 3: Angepasster Versuchsstand mit einem Monopile Modellfundament

Hierbei sind neben der Gesamtverformung des Monopiles (Setzung und Schiefstellung) insbesondere die Porenwasserüberdrücke und deren Akkumulation über die Zeit von Interesse (Abb. 3).

Mithilfe der Untersuchungen auf Element- und Systemebene kann die Prognose des Verhaltens von verschiedenen Gründungsstrukturen mit dem vom IGtH entwickelten expliziten numerischen Modell (EPPE) validiert und weiterentwickelt werden. Ein Ziel dabei ist die Entwicklung einer generischen Methodik zur Prognose des Trag- bzw. Betriebsverhaltens intensiv zyklisch beanspruchter Gründungen.

In enger Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt A4 sind außerdem Versuche mit einem Monopile-Modell (D ~ 60 cm) im großen Wellenkanal (GWK+) vorgesehen. Gemessen werden soll das Verhalten des Pfahls unter Wellenlast und zusätzlich unter zyklischer Horizontallast, die über einen Prüfzylinder aufgebracht wird, und insbesondere die Höhe der Porenwasserdrücke im Sandbett. Darüber hinaus werden die Auswirkungen von Kolk und Kolkschutzschichten auf das Tragverhalten des Pfahls untersucht. Diese Experimente stellen eine hervorragende Ergänzung zu den in wesentlich kleinerem Maßstab geplanten experimentellen Untersuchungen des AP 2 dar und können zur Validierung der expliziten und impliziten numerischen Simulationsmodelle des AP 3 genutzt werden (Abb. 4).


Publikationen


Teilprojektleitung

Prof. Dr.-Ing. Martin Achmus
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Projektmitarbeit

Norman Goldau, M. Sc.
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