Im Sonderforschungsbereich "Offshore-Megastrukturen" werden neue Konzepte für die Offshore-Windenergieanlagen von morgen entwickelt. Sie sollen einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten. Zukünftige Anlagen werden dabei deutlich größer sein als heutige: über 300 Meter Gesamthöhe und mit Rotoren mit mehr als 280 Metern Durchmesser. Damit unterliegen sie kaum bekannten Einwirkungen, beispielsweise durch Windbedingungen, die sich in Höhen von über hundert Metern ausbilden können. Aufgrund ihrer Abmessungen und der dafür nötigen filigraneren Bauweise werden Umgebungseinflüsse, aber auch Interaktionen einzelner Bauteile untereinander relevanter. Heute etablierte Methoden für Entwurf und Betrieb von Windenergieanlagen sind für Bauwerke dieser Größe nicht mehr anwendbar. Ziel des Sonderforschungsbereichs ist die Erforschung physikalischer und methodischer Grundlagen, basierend auf dem Konzept eines digitalen Zwillings. Der digitale Zwilling ist ein individuelles Simulationsmodell zur Entwicklung einer integrierten Entwurfs- und Betriebsplanung.
Für den Betrieb zukünftiger Windparks sind für jede einzelne Anlage während der gesamten Lebensdauer präzise Informationen über den Zustand und das dynamische Verhalten der Tragstruktur und der Rotorblätter sowie Kenntnisse über die Auswirkungen sich ändernder Umgebungs- und Betriebsbedingungen erforderlich. Klassische Simulationsmodelle sind in der Regel identisch für alle Anlagen in einem Windpark und fokussieren vor allem auf die Tragfähigkeit. Aspekte wie Fertigung, Installation sowie Betrieb und Rückbau werden hingegen nachrangig berücksichtigt.
Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs werden die Forschenden daher mit dem digitalen Zwilling eine Methode entwickeln, die alle diese Details integriert. Der digitale Zwilling ist ein gekoppeltes Gesamtmodell einer konkreten Windenergieanlage, das mit Hilfe von Messdaten an den aktuellen Zustand der realen Struktur (des realen Zwillings) angepasst wird. So ergeben sich Simulationsmodelle, die einzelne, reale Anlagen über die gesamte Lebensdauer beschreiben und immer an den aktuellen Zustand angepasst werden können.
"Mit Hilfe des digitalen Zwillings können zukünftige Windenergieanlagen sicher, wirtschaftlich und ressourcenschonend entworfen und betrieben werden", erläutert Professor Rolfes von der Leibniz Universität Hannover und designierter Sprecher des Sonderforschungsbereichs. Dies ermögliche Anlagen, die im Vergleich zu heutigen Modellen eine effizientere Stromerzeugung und kontinuierlichere Stromeinspeisung bieten und - bezogen auf ihre Leistung - schneller aufgebaut und kostengünstiger in der Wartung sind.